Europa ist weit, Brüssel ist fern? Weit gefehlt!
Die europäischen Gesetze und Vereinbarungen sind für Deutschland relevant, das Recht wirkt sich auf Bayern aus und ebenso auf unsere schöne Stadt am Main. Nicht nur wenig wünschenswerte Produkte wie in Chlor desinfiziertes Hühnerfleisch und diverse Genprodukte werden bei einem erfolgreichen Abschluss des Freihandelsabkommen mit den USA in Würzburg auf den Ladentheken und in den Kühltruhen auftauchen, sondern es wird auch ein wirtschaftlicher Wettstreit um die Wasserversorgung wird entstehen, was sich mit Sicherheit sehr negativ auf Versorgungslage und Qualität, weiter auch auf Versorgungssicherheit und Preis auswirken wird. Insgesamt kommt es hierdurch auch in Würzburg zu einer massiven Liberalisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Selbst fernab der wirtschaftlichen und sozialen Aspekte ist auch ein politischer nicht zu unterschätzen. Im Rahmen des Investorenschutzes können Unternehmen innerhalb des Freihandelsabkommensraums Staaten, Bundesländer, Städte und Gemeinden auf zu erwartenden Gewinnausfall verklagen, wenn diese politische Entscheidungen treffen, welche den Umsatz oder die Einnahmen beeinflussen. Diese Klagen werden aber nicht vor legitimen, öffentlichen Gerichten verhandelt, sondern durch Schiedskommissionen, die durch Wirtschaftanwälte dominiert werden. Dass der Staat das Unternehmen vor der Schiedskommission verklagt, ist nicht geplant. Somit kann der Staat nicht als Gewinner auftreten und gerät unter Druck, keine Entscheidungen zu treffen, die den Planungen der Unternehmen entgegenstehen. Dies gilt nicht nur für europäische, sondern auch für nordamerikanische Unternehmen, hier auch nicht nur die USA, sondern auch Kanada und Mexiko.
Dies stellt einen massiven Eingriff in den kommunalen Handlungsspielraum dar, da die Stadt Würzburg – aufgrund der leeren Kassen – wohl kaum einen Prozess riskieren möchte.
Umweltstandards, Bildungseinrichtungen, arbeitsrechtliche Besonderheiten in Deutschland (Gewerkschaften) und kommunale Sonderreglungen dürfen hier auch keine Ausnahmen bilden, da sonst das Unternehmen klagen kann.
Transparenz will ich nicht beim Bürger sehen (Stichwort NSA) sondern in politischen Prozessen und Verhandlungen, nicht zuletzt deshalb fordern die Würzburger Stadträte der LINKEN, der SPD, der ZfW, der ÖDP und der Grünen die Stadt auf, ein klares Zeichen gegen den Abbau unserer hohen Standards zu setzen. Besonders erfreulich ist auch die Initiative, welche außerhalb des Stadtrates als „Würzburger Erklärung“ die grundlegend gleichen Forderungen an die Würzburger Verwaltung stellt und der deutschlandweite Anti-TTIP-Aktionstag am 11.Oktober, der auch in Würzburg mit unterschiedlichen Aktionen den Widerstand gegen das Freihandelsabkommen in seinen jetzigen Form deutlich machen wird.
Es bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen fernab von Parteipolitik und –gezänk für Würzburg, für 100% der Bürger in der Stadt handeln.